Informationenvonjustin  
 
  Noch mehr über Raumfahrt 05.05.2024 21:58 (UTC)
   
 

Texte der Abteilung
Walter Hohmann und die Raumfahrt

W 0

Walter Hohmann

geboren am 18. März 1880 in Hardheim
gestorben am 11. März 1945 in Essen

Ihm verdankt die Welt die Berechnung der Bahnen für die Raumfahrt zur Erreichbarkeit der Himmelskörper.

   

W 1

Die Eltern

Seit 1873 lebt Dr.Rudolph Hohmann mit seiner Frau Emma als praktischer Arzt und Chirurg am Spital in Hardheim.

Nach dreijähriger Tätigkeit als Hofarzt des Fürsten von Leiningen in Amorbach übersiedelt die Familie mit dem Vater nach Port Elizabeth in Südafrika.

Als Dr. Rudolph Hohmann während einer Deutschlandreise vom Ausbruch des Ersten Weltkriegs überrascht wird, meldet er sich trotz seines hohen Alters freiwillig und wird Arzt im Kriegsgefangenenlager Amberg.



W 2

Kindheit und Jugend

Alle Kinder der Familie Hohmann werden in Hardheim geboren: Eleonore 1875, Caroline 1876 und Walter 1880.

Die Familie wohnt im Hardheimer "Arzthaus", wo Walter Hohmann seine Kinderjahre verbringt.

Nach der Übersiedlung der Familie nach Südafrika Ende 1885 wächst Walter Hohmann in Port Elizabeth auf. Dort besucht er auch bis 1891 die englische Volksschule.

Den Rest seiner Schulzeit absolviert er allerdings zum größten Teil in Deutschland - am Humanistischen Gymnasium in Würzburg, um dort nach dem Willen seines Vaters das Abitur zu machen.

Walter Hohmann lebt in Würzburg in Pension bei Rektor Professor Dr. Bergmann. Im Jahr 1900 legt er sein Abitur ab.

 

Balken vom Hohmann-Geburtshaus

W 0.1

Eckbalken des Hohmann-Geburtshauses; 1610

Die Inschrift auf dem Balken des heute nicht mehr bestehenden Hauses lautet: 1610 / MARIA BAUMENIN / DISER BAU / AUFGESCH/LAGEN <I>ST / GOT DEM / HERN SEI LO<B> / ZU ALLER / FRIST / GOT WOLL<E> / IHN BE<HUT>/EN VO<N AL>/LEM <Rest unleserlich>.


W 3

Der Beruf

Nach dem Abitur studiert Walter Hohmann an der Technischen Hochschule in München; 1904 legt er sein Staatsexamen als Diplom-Bauingenieur ab.

Bis kurz vor dem Ersten Weltkrieg arbeitet er in verschiedenen Städten und bei verschiedenen Firmen: in Wien, Berlin, Hannover und Breslau. 1912 findet er in Essen am städtischen Hochbauamt eine Stellung - er baut die statische Abteilung und die Materialprüfstelle auf, deren Leiter er bis 1945 bleibt.

In den Krieg ziehen muß Walter Hohmann nicht - 1915 leistet er acht Monate Kriegsdienst als Landsturmmann in Mülheim an der Ruhr.

Seine 1916 eingereichte Dissertation - "Über das Zusammenwirken von altem und neuem Beton in Eisenbetonkonstruktionen" - bleibt durch den Krieg liegen. Erst im April 1919 teilt die Technische Hochschule Aachen - noch unter dem Siegel "Königliche" - die Annahme der Dissertation mit. Es wird Walter Hohmann freigestellt, die mündliche Prüfung erst "nach Friedensschluß" abzuhalten.

Nach dem Ersten Weltkrieg trägt sich Walter Hohmann noch einmal mit beruflichen Änderungsplänen: er bewirbt sich um eine Professur an der Badischen Höheren Technischen Lehranstalt in Karlsruhe. Die Bewerbung scheitert jedoch an Gehaltsfragen.

  Exponattexte

W 3.1

Ein Schreiben der Königl. Technischen Hochschule Aachen vom April 1919, in dem Walter Hohmann die Annahme seiner Dissertation mitgeteilt wird; für die mündliche Prüfung wird es Hohmann freigestellt, ob er "unter den gegenwärtigen Umständen herzukommen" versucht oder "die Angeleegenheit bis nach Friedensschluß vertagen" will.

W 3.2

Mit diesem Schreiben des Staatlichen Materialprüfungsamts in Berlin vom 7. Februar 1920 wird Walter Hohmann mitgeteilt, daß das Amt seine Dissertation angekauft hat, um sie "für seine Zwecke zu verwerten".


W 4

Raumfahrt als Steckenpferd

Schon vor dem Ersten Weltkrieg zieht es den Bauingenieur Walter Hohmann hin zu einem ganz anderen Fachgebiet: in seiner Freizeit beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Weltraumfahrt.

Zu dieser Zeit ist der Gedanke, daß Menschen einmal zum Mond oder noch weiter fliegen, reine Utopie - Science Fiction von Menschen vom Schlage eines Jules Verne.

Dagegen setzt Walter Hohmann seine sehr konkrete Utopie: noch in der Zeit des Krieges wendet er die Gesetze der klassischen Himmelsmechanik auf künstliche Flugkörper an und führt erste Bahnberechnungen durch.

Seine Ergebnisse hält er in einer Kladde mit dem Titel "Über die Erreichbarkeit des Mondes und der Planeten" fest; eine Seite der Kladde ist auf den 4. März 1917 datiert.

   

W 5

Familienleben

1915 heirateten Walter Hohmann und Luise Jünemann; 1916 wurde der erste Sohn Rudolf, 1918 der zweite Sohn Ernst geboren.

Hohmann hatte schon vor seiner Ehe seine Ansichten zum Leben, zur Liebe und zur Kindererziehung in einem umfangreichen Manuskript - "Briefe an mich selbst" - niedergeschrieben.

Seine von Humanismus und Aufklärung bestimmten Lebensgrundsätze wurden im Alltag der Familie verwirklicht: "Kinder müssen aufwachsen wie Blumen in einer Wiese. Ist der Boden gut, gedeihen sie auch gut."

Den militaristischen Zeitgeist des Kaiserreichs lehnte Walter Hohmann ab: "Nur kein Kadavergehorsam! der erzieht zum Heucheln und ist des Übels Anfang!"

In den zwanziger Jahren stand im Alltag der Familie das Steckenpferd des Vaters im Vordergrund: "Vom Weltraum- und Raketenfieber waren wir alle ergriffen" berichtet Rudolf Hohmann. "So gab es Lesezeichen mit feuerbeschweiften Raketen zu Vaters Geburtstag, Geschichten »Raketen bei den Indianern« als Hausaufsatz und Gedichte zumn Thema..."

   

W 6

Der lange Weg einer Idee

Nach dem Krieg bietet Walter Hohmann sein Manuskript - die "Kladde" - vergeblich zur Veröffentlichung an. Aber man reagiert mit Unverständnis und ohne Interesse - noch immer gelten die wenigen, die an die Möglichkeit bemannter und unbemannter Raumflüge glauben, als Phantasten.

Erst als Walter Hohmann im Januar 1925 auf das gerade erschienene Buch "Die Rakete" von Hermann Oberth stößt, das im Oldenbourg-Verlag in München erschienen ist, zeichnet sich eine erste Anerkennung seiner Arbeit ab. Der Oldenbourg Verlag reagiert postwendend auf die Einsendung des Manuskriptes und gibt es an Max Valier und Hermann Oberth zur Begutachtung weiter.

Allerdings bringen Rezensionen des Buches, das im Herbst 1925 erscheint, das allgemeine Unverständnis gegenüber den ihrer Zeit vorauseilenden Gedanken und Überlegungen Hohmanns zum Ausdruck: so wirft ein Rezensent Walter Hohmann vor, er schade dem Ansehen der Mathematik, da er "von der Erfahrung zu weit abliegende große Sprünge" mache.

   

W 7

Die Erreichbarkeit der Himmelskörper

Hohmanns Hauptwerk erschien im November 1925 in einer Auflage von 2.100 Exemplaren zum Preis von 5.- RM.

Im Kreis der anderen "Phantasten" wird es schnell als Grundlage weiterer Überlegungen und Forschungen akzeptiert: Wernher von Braun nennt Hohmanns Berechnungen "bahnbrechend".

In den fünf Kapiteln des Buches untersucht Walter Hohmann systematisch die einzelnen Abschnitte des Raumfluges zwischen den Planeten unseres Sonnensystems: den Start von der Erde, die Rückkehr auf die Erde, der freie Flug im Raum, Umlaufbahnen um Mond und Planeten und schließlich die Landung auf Mond und Planeten.

Hohmanns Grundgedanke liegt dabei in der gleichsinnigen Ausrichtung der Erd- und Planetenbahnen: dadurch kann die hohe Eigengeschwindigkeit der Planeten für den künstlichen Raumflugkörper nutzbar gemacht werden.

Die günstigste Flugroute zwischen zwei Planeten ist nach Hohmann annähernd eine Ellipse, die die Kreisbahnen von Start- und Zielplanet berührt. Noch heute heißen solche Bahnen Hohmann-Bahnen: beispielsweise ist die Sonde Voyager 2 seit 1977 auf einer solchen Bahn unterwegs und hat im August 1989 den Planeten Neptun passiert.

Hohmann erkennt schon vierzig Jahre vor dem ersten bemannten Raumflug die besonderen Schwierigkeiten beim Start und vor allem bei der Rückkehr zur Erde. Ebenso formuliert und berechnet er vorausschauend die Zusammenhänge zwischen Masse bzw. Gewicht eines Flugkörpers, notwendiger Beschleunigung und Flugdauer.

Unter seinen Vorschlägen zur konkreten Verwirklichung findet vor allem der Gedanke später Anwendung, daß eine Landung auf einem anderen Planeten durch ein leichtes Beiboot am günstigsten durchzuführen ist.

   

W 8

Die Möglichkeit der Weltraumfahrt

"Jeder, der eine weite Reise vor hat, tut gut daran, vorher einen genauen Reiseplan auszuarbeiten, der ihm Klarheit über die einzuschlagende Reiseroute und die voraussichtliche Reisedauer verschafft..."

Mit diesen Worten leitet Walter Hohmann seine zweite Veröffentlichung ein: den Aufsatz "Fahrtrouten, Fahrtzeiten, Landungsmöglichkeiten künstlicher Raumflugkörper" in Willy Leys 1928 erschienenem Buch "Die Möglichkeit der Weltraumfahrt". An diesem Buch arbeiteten neben Hohmann auch Oberth, Debus und andere Raumfahrtpioniere mit.

Die Selbstverständlichkeit, mit der Hohmann in diesem Beitrag regelrechte Fahrpläne für den interplanetaren Verkehr entwickelt, stützt sich nicht zuletzt auf den technischen Fortschritt, der seit der Niederschrift seines ersten Buches erzielt werden konnte. Vor allem die Raketentechnik kommt voran: Max Valier entwickelt zusammen mit Fritz von Opel ein Auto mit Raketenantrieb (1928), 1929 fliegt das erste raketengetriebene Flugzeug.

Die Weiterentwicklung seiner Bahnberechnungen auf der Grundlage des technisch immer mehr Vorstellbaren führt Walter Hohmann nun zu der Lösung, auf dem Mond eine Basis für interplanetare Raumflüge einzurichten und so die geringere Schwerkraft des Erdtrabanten zur Reduzierung des Startgewichts zu nutzen.

Hohmanns Fazit lautet allerdings, "daß auch bei Benützung des Mondes als Stützpunkt vorläufig die Beschränkung auf den Verkehr mit den beiden Nachbarplaneten Venus und Mars geboten erscheint..."

   

W 9

Im Kreis der Raumfahrtpioniere

Die wenigen Wissenschaftler, die in den zwanziger Jahren und teilweise schon vorher an der Entwicklung der Raketen- und Raumfahrttechnik arbeiten, stehen in engem Kontakt miteinander, auch über Länder- und Sprachgrenzen hinweg.

Nach Erscheinen seines Buches wird Walter Hohmann ganz selbstverständlich in diesen Kreis einbezogen. Er korrespondiert mit den meisten bedeutenden Forschern seiner Zeit - mit den Russen Ziolkowski und Rynin, dem Franzosen Esnault-Pelterie, dem Rumäniendeutschen Oberth.

Der Raketenpionier Max Valier ist häufiger Gast bei Familie Hohmann in Essen.

Ende der zwanziger Jahre beginnen sich in Deutschland die Raumfahrt-Interessierten zu organisieren: in Berlin wird der Verein für Raumschiffahrt gegründet, der seit 1930 den ersten Raketenflugplatz unterhält. Dort startet 1931 die erste deutsche Flüssigkeitsrakete Mirak 1.

Hohmann wird mehrfach der Vorsitz des Vereins angetragen, was er jedoch ablehnt. Anfang der dreißiger Jahre zieht er sich aus dem Kreis zurück und lehnt weitere Mitarbeit ab, so im Herbst 1932 an einem Buch über die bedeutendsten Raketenforscher.

Er begründet seine Ablehnung mit Zeitmangel. Aber auch die politischen Ereignisse werfen ihre Schatten voraus.

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 
Benutzername:
Kennwort:
Heute waren schon 4 Besucher (41 Hits) hier!
Kostenlose Seite Diese Webseite wurde kostenlos mit Homepage-Baukasten.de erstellt. Willst du auch eine eigene Webseite?
Gratis anmelden